Interview: Anna Gortan und Jasmin Edegger, Mitgliederinnen des Youth Club Kunsthaus Graz
Text: Jasmin Edegger
Das Museum in seiner heutigen Form existiert erst relativ kurz und wird es so wohl auch nicht mehr lange tun, denn es befindet sich in einem ständigen Wandel. Der Zeitgeist und die Interessen der Menschen veranlassen und prägen diese Metamorphose, so wie sie es schon immer getan haben. Seit der Erkenntnis, dass das Sammeln und „Zurschaustellen“ von Objekten kein Exklusivrecht der Reichen und Mächtigen ist, und eine Öffnung musealer Sammlungen für die breite Masse stattfand, sah man sich mit der Frage konfrontiert, wie die Präsentation und Vermittlung auszusehen habe, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Diese Frage ist nach wie vor aktuell und steht auch im Zentrum des Projekts „Museum as Toolbox“. Wie könnte eine mögliche Zukunft des Museums aussehen? Auf welche Art und Weise wird die Vermittlung stattfinden und wie können besonders junge Menschen besser erreicht werden?
Was kann ein Museum bieten?
Dank unserer Beteiligung am Projekt „Museum as Toolbox“ hat sich uns die Möglichkeit geboten, Triin Tulgiste, die Kuratorin aus Tallin kennenzulernen. Wir durften sie zu einigen ihrer Termine, wie zum Beispiel dem Besuch der Neuen Galerie oder des Restaurators im Depot des Joanneums, begleiten. Nach einer kleinen Stadtführung setzten wir uns bei einem Kaffee zusammen und interviewten sie. Daraus ergab sich ein sehr interessantes Gespräch über ihre Gedanken zu dem Projekt, zur Zukunft des Museums und zur Kunst ganz im Allgemeinen.
Triin Tulgiste studierte Kunstgeschichte und spezialisierte sich auf die Kunst Estlands in den 60’er und 70’er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Seit 2014 arbeitet sie im Kumun Art Museum, dem größten Museum Estlands. Seit dem letzten Jahr ist sie Teil des Kuratoren-Teams des Projekts „Museum as Toolbox“.
Ein zentraler Aspekt ist die Frage nach der zukünftigen Definition von „Museum“, daher interessierte uns vor allem, was ihrer Meinung nach ein Museum ausmacht. Triin erklärte uns, dass das Besondere an Museen unter anderem ist, dass sie uns etwas bieten können, das wir sonst an keinem anderen Ort bekommen: das originale Objekt. Selbstverständlich können wir uns Fotos und vielleicht sogar Filme von Werken ansehen, doch wie bereits Walter Benjamin in seinem weltbekannten Aufsatz „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ feststellte, laufen Kunstwerke dadurch Gefahr, ihre besondere Aura, das was sie ausmacht, zu verlieren. Dieser Umstand ist vielleicht nicht jedem klar, doch spätestens bei der Konfrontation mit dem Original, wird man sich dessen bewusst.
Sie spricht auch davon, dass der Besuch einer Ausstellung, ein großartiger Weg ist, seinen Horizont zu erweitern und Dinge zu sehen und zu verstehen, die sich einem vorher verborgen haben. Wir werden zum Nachdenken über Fragen angeregt, von denen wir nicht einmal wussten, dass sie überhaupt existieren. Jede Begegnung- egal ob die mit Menschen oder die mit Objekten- kann in uns etwas auslösen und uns bereichern.
Beitrag der Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Selbstverständlich wollten wir auch wissen, wie konkret die Zusammenarbeit mit den Jugendlichen aussehen soll und kann. Jugendliche haben, Triins Ansicht nach, einen völlig anderen, viel weniger voreingenommen Blick auf Dinge und können dadurch andere Herangehensweisen und Perspektiven aufzeigen. Man sollte auch loslassen von der Annahme, dass ein Museum strikt Kunstwerken vorbehalten ist. Es hat das Potential, so viel mehr zu sein, als bloß ein Ort des Sammelns und Ausstellens und sollte den Menschen bieten, was sie sich gerade wünschen.
Auf die Frage hin, was die fünfzehn- bis fünfundzwanzigjährigen Beteiligten beitragen können, antwortete sie, dass vor allem das Einbringen ihrer kreativen Ideen wichtig sei, da Erwachsene oft nicht wissen oder nur zu wissen glauben, worauf junge Leute Wert legen. Die selbst erst Achtundzwanzigjährige erklärte, dass sie nicht mehr weiß, was „junge Leute“ wirklich wollen, da diese mit bereits völlig anderen Umständen konfrontiert sind. Die sich rasant entwickelnde Technologie, neue Formen der Erziehung etc. haben der Generation der heutigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen ermöglicht, ganz andere Erfahrungen zu machen, als die Generationen vor ihnen und die resultieren in einer anderen Sicht auf die Dinge. Um nun ein Museum zu gestalten, das diese Zielgruppe anspricht, ist es notwendig sie in die Überlegungen miteinzubeziehen.
Triin betont, dass Museen Orte der „demokratischen Diskussion“ sind, beziehungsweise das Potential besitzen, solche zu sein. Ihr ist es wichtig, dass vor allem junge Menschen verstehen, dass sie hier sagen können, was ihnen wirklich wichtig ist und ihren Anliegen auch Gehör geschenkt wird. Das wichtigste, das Museen für junge Menschen, ihrer Meinung nach, machen können, ist ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass ihre Ideen genauso gut wie die der Erwachsenen sind und dass die Art und Weise in der sie Kunst wahrnehmen ebenso richtig ist, wie die von Eltern, Lehrern etc. Kurz gesagt, sollen sie wissen, dass sich bei einem Museum um einen Ort handelt, an dem sie sich öffnen können.
Wenn Jugendliche verstehen, dass das Museum ein sicherer Ort für sie ist, ihre Vorstellungen zu formulieren und möglicherweise auch umzusetzen, dann ist der erster Schritt in die Zukunft des Museums, als Ort des Treffens und des Austauschens, getan.
Erwartungen an das Projekt und Zukunft des Museums
Die Kuratorin erhofft sich von dem Projekt vor allem zwei Dinge: erstens eine verbesserte Kommunikation mit Jugendlichen und zweites Verbindungen mit anderen Museen. Jeder kann von einer Zusammenarbeit, die auf vielen verschiedenen Ebenen stattfinden kann, profitieren. Das jetzige Projekt sei ein guter Weg einander kennenzulernen, um in Zukunft gemeinsame Projekte realisieren zu können.
Wir sprachen sie auch auf eine, möglicherweise utopische, Zukunft des Museums an. Eines der wichtigsten Dinge sei es, jungen Menschen zu vertrauen und ihnen die Möglichkeit zu geben, ein Museum zu formen, dass ihren Wünschen entspricht und in dem sie sich gerne aufhalten. Inhalte sollen auf so viele verschiedene Arten wie möglich vermittelt werden, damit jeder einen Zugang finden kann. Es ist allerdings auch wichtig zu wissen, dass es vollkommen in Ordnung ist, nicht alles zu verstehen und nicht alles zu mögen- jeder hat andere Zugangsweisen und einen anderen Geschmack.
Heute haben wir die Möglichkeit das Museum zu formen, in das wir morgen gehen wollen.
Triins Kunsthaus “Selfie”:
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